Westfälische Neueste Nachrichten vom 30. Oktober 1920
Die Finanznot der Bielefelder Kreisbahn
(Die Finanznot der Bielefelder Kreisbahn) war Gegenstand eingehender Erörterungen in der Sitzung des Kreistages des Landkreises Bielefeld, die gestern (also am 29.10.1920, CB) in Dornberg stattfand. Aus den bekannten Ursachen - dauerndes Anwachsen der Materialpreise und ständige Steigerung der Gehälter und Löhne in Verbindung mit der Einführung des Achtstundentages - wird der Zuschuß, den der Landkreis bis jetzt alljährlich für die Kleinbahn zahlen mußte, im laufenden Betriebsjahre auf rund 300 000 M steigen und es steht zu befürchten, daß er für das kommende Betriebsjahr leicht noch um 100 000 M höher werden wird. Diese Sachlage hat sowohl den Kreisausschuß wie gestern den Kreistag vor die Frage gestellt, allen Ernstes zu erwägen, ob man nicht genötigt sein werde, die Kleinbahn ganz oder teilweise stillzulegen oder zu verkaufen, ad der Landkreis nicht in der Lage ist, dauernd derartig hohe Zuschläge für das Unternehmen aufzubringen. Nach langer eingehender Beratung wurden schließlich folgende Beschlüsse gefaßt:
Der Kreisausschuß wird bevollmächtigt, darüber zu entscheiden, ob die Strecke Bielefeld - Heepen - Eckendorf stillgelegt oder verkauft werden soll, wenn die Prüfung aller Verhältnisse diese Notwendigkeit dargetan hat. |
Der Kreisausschuß wird beauftragt, in der Zwischenzeit die Verhältnisse eingehend zu prüfen und dem Kreistage bis spätestens Februar n.J. eine Vorlage darüber zu machen, wie es mit der Kleinbahn werden soll. Inzwischen sollen alle Mittel erschöpft werden, um die Nachbarkreise und die Stadt Bielefeld (die nach Ansicht des Kreistages ein wesentliches Interesse an der Erhaltung der Bahn haben, d.Red.) zu den Kosten des Bahnbetriebes heranzuziehen.
Der erste Beschluß wurde mit 14 gegen 8 Stimmen, der zweite einstimmig gefaßt. Ein Antrag des Kreisausschusses zur Gründung eines Baufonds für die Kleinbahn bezw. zur Beschaffung einer Lokomotive 300 000 M aus Anleihemitteln zu bewilligen, wurde dahin erledigt, daß vorerst nur die zunächst erforderlichen 100 000 M bewilligt würden. Schließlich wurden noch 250 000 M für die Bildung eines Betriebskapitals für die Kleinbahn bewilligt. |
mit freundlicher Genehmigung der Zeitung NEUE WESTFÄLISCHE