Westfälische Zeitung vom 28. Dezember 1920
Erhaltung der Bielefelder Kleinbahn
Bielefeld, 28. Dezember 1920
Wenn sich in irgendeinem Falle die katastrophale Finanzwirtschaft unserer Geldscheingesegneten und eigentlich doch geldarmen Tage offenbart, so geschieht das in Hinsicht auf die Klein- und Straßenbahn. Ende Oktober befaßte sich der Kreistag des Landkreises Bielefeld mit der Kreisbahnfrage, die schon vor dem Kriege ein rechtes Sorgenkind des Landkreises darstellte. Schon in dem ersten Betriebsjahre, im Jahre 1901 erforderte die Kleinbahn einen Zuschuß von 25 000 Mark, der bereits im Jahr 1907 eine Höhe von 37 000 Mark erreicht hatte. Im Jahre 1919 war der Zuschuß auf 152 000 Mark gestiegen. In diesem Jahre wird für die Kreisbahn ein Zuschuss von 300 000 Mark erforderlich sein.
Die Kreistagsmitglieder mußten sich daher die Frage vorlegen, ob man unter den gegenwärtigen bedrohlichen finanziellen Verhältnissen einen Weiterbetrieb der Kleinbahn in Betracht ziehen könne. Daß man von der Möglichkeit der Weiterführung des Betriebs nicht absolut überzeugt war, ging daraus hervor, daß ein Antrag angenommen wurde, der den Kreisausschuß beauftragte, zu prüfen und zu entscheiden, ob die Strecke Bielefeld - Heepen - Eckendorf, die besonders unrentabel ist, stillgelegt oder veräußert werden soll. |
Wie wir vor einigen Tagen mitteilen konnten, hat sich der Kreistagsabgeordnete Dr. Hugo zur Vermeidung schwerer Verkehrsstockungen in der Kleinbahnfrage an das Verkehrsministerium gewandt. Es ist ihm darauf die Zusicherung erteilt worden, daß für zeitweise notleidende und unzweifelhaft noch lebensfähige Kleinbahnen ein Hilfswerk im Gange ist, an dem sich unter bestimmten Voraussetzungen auch das reich beteiligen wird.
Wie uns von befreundeter Seite mitgeteilt wird, hat sich der Landtagsabgeordnete P. Meyer in der Kleinbahnfrage an die Staatsregierung gewandt und hat dort eine Antwort erhalten, nach der er eine Stillegung für ausgeschlossen hält. Eine Sicherstellung des Kleinbahnbetriebes würde für weite Kreise unseres Landkreises von größter Bedeutung sein. Und allem Anschein nach kann man nun wirklich etwas hoffnungsfreudiger in die Zukunft blicken. |
mit freundlicher Genehmigung der Zeitung NEUE WESTFÄLISCHE