Straßenbahn Minden
Zur Erinnerung an den preußischen Kaiser Wilhelm I. (1797-1888) wurden im Deutschen Reich bis 1918 etwa 1000 Denkmäler errichtet - eines davon an der Porta Westfalica, südlich von Minden gelegen. Gebaut wurde die Anlage zwischen 1892 und 1896, für den erwarteten Ausflugsverkehr wurde zugleich eine Dampfstraßenbahn nach Minden geplant.
1893: Dampfstraßenbahn Minden - Porta der "Mindener Straßenbahn Gesellschaft"
Die erste Straßenbahn in Ostwestfalen-Lippe wurde ab 1892 als Ausflugsbahn zum Kaiser Wilhelm-Deknmal an der Porta Westfalica gebaut und am 7. September 1893 eröffnet. Die eingleisige Strecke führte von der Tonhalle (nahe dem Marktplatz in Minden) über Barkhausen zur Porta und endete am Hotel Kaiserhof. Die vielfältigen Überlegungen zu Streckenverlängerungen wurden nicht umgesetzt. Im Einsatz standen kleine Kastendampflokomotiven, von denen die ersten Loks wegen ihrer geringen Leistung bald ausgetauscht werden mußten. Die Ausflügler reisten in komfortablen Drehgestell-Wagen zur Porta. Bis zum ersten Weltkrieg ließ der Ausflugsverkehr schon spürbar nach und brachte die Mindener Straßenbahn Gesellschaft in eine finanzielle Schieflage. Im Jahr 1914 wurde die Bahn von der Stadt Minden erworben.
1914: Gründung der "Straßenbahn Minden GmbH"
Die neue Gesellschaft leitete den Umbau der alten Dampfstraßenbahn ein: Das Streckennetz sollte erweitert und die veralteten Dampfzüge durch moderne elektrische Straßenbahnfahrzeuge ersetzt werden. Die Pläne konnten erst nach dem ersten Weltkrieg umgesetzt werden: Die Strecke wurde elektrifiziert und durch die Mindener Innenstadt und über die Weserbrücke bis zum Bahnhof verlängert. 1920 konnte der eletrische Betrieb mit fünf Triebwagen und 10 ehemaligen Dampfbahn-Beiwagen eröffnet werden. Während der Inflationsjahre geriet der Betrieb in arge Bedrängnis, erst 1925 konnte die Strecke nach Dützen eröffnet werden.
Kurz nach der Eröffnung des elektrischen Beriebes entstand diese Aufnahme vom Markt in Minden: Triebwagen 1 (Baujahr 1920) mit Fahrtziel "Porta" steht zur Abfahrt bereit. Der Gegenzug wird mit dem Fahrtziel "Bahnhof" weiterfahren. Beide Triebwagen sind mit Lyra-Bügel unterwegs. Bis zur Lieferung der ersten Straßenbahn-Beiwagen im Jahr 1926 verkehrten die Triebwagen mit den alten Beiwagen der "Mindener Straßenbahn Gesellschaft". Hinter Triebwagen 1 ist das alte Mindener Rathaus zu sehen - es wurde 1944 mit den anderen im Hintergrund sichtbaren Gebäuden bei Bombenangriffen zerstört (Foto nach 1920: Postkarte, Archiv schmalspur-ostwestfalen.de). |
1928: Übernahme durch das EMR und weiterer Ausbau
Am 6.6.1928 wurde die Straßenbahn Minden vom Elektrizitätswerk Minden-Ravensberg GmbH (EMR) übernommen, das zuvor die Mehrheit an den Herforder Kleinbahnen erworben hatte. Im Jahr 1928 folgte die Eröffnung der Strecke Poos - Friedhof, 1929 ging es zunächst bis Notthorn und ab 1930 auf einer Gemeinschaftsstrecke mit den Mindener Kreisbahnen bis nach Meißen (Dreischienengleis!). Damit hatte die Straßenbahn Minden eine Streckenlänge von 14,9 km erreicht.
1945 wurde Minden durch Bombenangriffe stark zerstört und die Weser- und Kanalbrücken durch die Deutsche Wehrmacht gesprengt. Erst 1947 (Kanalbrücke) und 1948 (Weserbrücke) konnte der durchgehende Verkehr wieder aufgenommen werden. In der Innenstadt wurde die Straßenbahn mit Wagen der Mindener Kreisbahnen zur Trümmerräumung eingesetzt.
1953 - 1959: Das Ende der Straßenbahn Minden
Nach 1945 ging die Verkehrsentwicklung in Minden an der Straßenbahn vorbei: Neue Siedlungen wurden nicht an das Schienennetz angebunden und der Ausbau der Gleisanlagen vernachlässigt. 1953 wurde mit dem Bau eines O-Bus-Netzes begonnen, dass die Straßenbahn ablösen sollte. Dazu kam es aber nicht mehr - der O-Bus wurde schon 1965 stillgelegt und konnte keine der Straßenbahnstrecken ersetzen.
Der Straßenbahnbetrieb wurde dennoch in den Jahren 1956 (Strecke Bahnhof - Meißen), 1957 (Bahnhof - Poos) und 1959 (Markt - Porta, Markt - Dützen und Markt - Friedhof) stillgelegt. Den Anlass für die endgültige Stillegung am 29.12.1959 gab die neue Straßenbahn Bau- und Betriebsordnung (BOStrab), die ab dem 1.1.1960 erhebliche Umbauten an den Fahrzeugen erfordert hätte (Sicherheitsglas, Bremslichter, usw.). In den letzten Betriebsjahren wurden zwei Triebwagen und alle vierachsigen Beiwagen an die EMR-Bahn Herforder Kleinbahnen abgegeben. Der restliche Wagenpark wurde vor Ort zerlegt. Ein Beiwagen ist als Ausstellungsstück im Kleinbahnmuseum Enger erhalten geblieben.
Betriebshöfe:
Die Mindener Straßenbahn Gesellschaft hatte ein Depot mit einer dreigleisigen Wagenhalle an der Portastr. (Höhe Abzweig Straße Weserglacis, heute Wittekindsallee) errichtet. Die Wagenhalle wurde von der Straßenbahn Minden übernommen und 1927 um eine weitere Wagenhalle mit drei Gleisen erweitert. Die Wagenhallen werden 1960 in ein Busdepot umgebaut und sind zwischenzeitlich abgerissen worden.