Stadtwerke Bielefeld


Von den sieben Straßenbahnbetrieben in Ostwestfalen-Lippe ist heute nur die Stadtbahn in Bielefeld übrig gebleiben. Von den bescheidenen Anfängen hat sich der Betrieb schrittweise von einer Straßenbahn zu einer modernen Stadtbahn weiterentwickelt. Seit der Eröffnung des Stadtbahnbetriebes 1991 gilt die Zukunft des Betriebes als langfristig gesichert.

Ab 1900: Eine Straßenbahn von Dorf zu Dorf

Die erste Strecke der Straßenbahn der Stadtwerke Bielefeld wurde zwischen 1900 und 1901 eröffnet: Sie führte aus dem Dorf Schildesche zunächst in die Bielefelder Innenstadt und von dort weiter bis zur Endhaltestelle Brackwede Dorf. 1902 folgte eine zweite Linie vom Bahnhof über den Jahnplatz in Richtung Sieker. Die ersten Strecken waren eingleisig und mit Ausweichen verlegt worden. Der steigende Verkehr machte bald den schrittweisen zweigleisigen Ausbau aller Strecken erforderlich. 1912 wurde eine eingleisige Verlängerung von Brackwede Dorf zum Senenfriedhof (eröffnet 1912) fertig gestellt. Bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges wuchs der Fahrzeugbestand auf 24 Triebwagen, 22 Beiwagen und 4 Arbeitsfahrzeuge an.

Ab 1924: Das Netz wird erweitert

Der weitere Ausbau des Betriebes wurde durch den ersten Weltkrieg unterbunden. Ab 1924 wurde mit den Stahlwagen die nächste Fahrzeuggeneration in Betrieb genommen. In den Jahren 1927 und 1928 wurde die dritte Strecke (Jöllenbeker Str. - Jahnplatz - Oststr.) eröffnet. 1928 wurde die zweite Linie vom Bahnhof in die Herforder Str. verlängert und endete am Walkenweg. Dieses Streckennetz blieb über Jahre unverändert in Betrieb:

Linie 1: Schildesche - Hauptbahnhof - Jahnplatz - Innenstadt - Bethel - Brackwede - Sennefriedhof (11,2 km)
Linie 2: Walkenweg - Hauptbahnhof - Jahnplatz - Sieker (7,0 km)
Linie 3: Lange Str. - Jahnplatz - Oststr. (4,9 km)

In den ersten Betriebsjahren verlief die Strecke nach Brackwede mitten durch die Bielefelder Innenstadt: Sie führte vom Jahnplatz durch die Niedernstr. bis zum Marktplatz und folgte dann der Obernstr. Richtung Brackwede. 1928 wurde die Strecke verlegt und verlief um die Innenstadt herum (durch die Hindenburgstr., später Alfred-Bozi-Str. / Oberntorwall). Auf dem Bild blickt der Fotograf auf Triebwagen 18, der sich auf dem Weg nach Brackwede befindet. Das Foto entstand zwischen 1903 und 1911 (Foto: Archiv schmalspur-ostwestfalen).

Ab 1939: Kriegszerstörung und Wiederaufbau

Im Zweiten Weltkrieg wurden das Streckennetz in der Innenstadt und dar Fahrzeugpark durch Bombenangriffe stark beschädigt: Mehr als die Hälfte der Fahrzeuge war 1945 unbrauchbar. Bis 1950 waren die meisten Kriegsschäden beseitigt und der Fahrzeugpark instand gesetzt. Im Jahr 1951 wurden bei den Linien 2 und 3 die Endstellen getauscht: Die Linie 2 endete nun in der Jöllenbecker Str. (Endstelle Lange Str., 1956 bis Voltmannstr. verlängert) und die Linie 3 in der Herforder Str. an der Endstelle Walkenweg. Nach 25 Jahren wurde der Tausch 1976 wieder rückgängig gemacht. Im Jahr 1956 waren nun folgende Linien in Betrieb

Linie 1: Schildesche - Hauptbahnhof - Jahnplatz - Innenstadt - Bethel - Brackwede - Sennefriedhof
Linie 2: Walkenweg - Hauptbahnhof - Jahnplatz - Oststr.
Linie 3: Voltmannstr. - Lange Str. - Jahnplatz - Sieker


Nach 1955 wurde das Streckennetz der Bielefelder Straßenbahn gründlich modernisiert: Das Bild zeigt den Jahnplatz nach dem Umbau: Die Fußgänger können nun durch die Tunnelanlage gefahrlos umsteigen - zugleich ist Platz für den PKW-Verkehr geschaffen worden. Auf dem Foto ist Niederflur-Triebwagen 21 auf der Linie 2 zur Voltmannstraße unterwegs (Aufnahme von 1957, Foto: > Archiv Helmut Beyer).


Ab 1955: Umbau zu einem modernen Straßenbahnbetrieb

1955 wurde im Bielefelder Stadtrat beschlossen, den Straßenbahnbetrieb weiterzuführen und auszubauen:
  • Ausbau der Strecken: Der Jahnplatz wurde bis 1957 zu einem modernen Umsteigepunkt ausgebaut, die Streckenführung durch die Bahnhofsstraße aufgegeben und der gemeinsame Umsteigepunkt aller Linien zum Berliner Platz (heute: Willy-Brandt-Platz) verlegt. Für den Einsatz von Einrichtungswagen wurden Wendedreiecke und Wendeschleifen gebaut. 1961 und 1968 wurde die Strecke nach Schildesche auf den ehemaligen Bahnkörper der Bielefelder Kreisbahnen verlegt. Bei Straßenausbauten wurde die Straßenbahn auf einen eigenen Bahnkörper verlegt (Herforder Str., Artur-Ladebeck-Str., Endstelle Senne). In Sieker wurde zwischen 1965 und 1977 in mehreren Bauabschnitten ein zentraler Betriebshof angelegt. Die Linie 3 (ab 1976 wieder Linie 2) wurde bis Baumheide (1969) und 1978 bis Milse verlängert.

  • Erneuerung des Fahrzeugparks: Bis 1965 waren 39 DÜWAG-Gelenkwagen und 16 Grossraumbeiwagen beschafft worden. Für Verkehrsspitzen waren noch 4 Umbauwagen vorhanden. Alle zweiachsigen Wagen konnten bis 1965 ausgemustert werden. 1968 endete der Schaffnerbetrieb, Fahrscheine gab es nun an Automaten oder beim Fahrer.

Ab 1965: Tunnelplanungen für die Innenstadt und Umbau zur Stadtbahn

In den sechziger Jahren wurde in Bielefeld beschlossen, die Straßenbahn in der Innenstadt unter die Erde zu legen. Der Anfang der großen Tunnelprojekte war dann aber recht bescheiden: Von 1969-1971 wurde in der Herforder Str. ein kurzes Streckenstück mit der Haltestelle Beckhausstr. zur "U-Bahn" umgebaut. Danach ruhte der Tunnelbau - er war für Bielefeld unbezahlbar. Unterstützung für die ehrgeizigen Tunnelpläne kam durch das Stadtbahn-Konzept der Landesregierung in Düsseldorf: Sie orientierte sich an den U-Bahnen deutscher Großstädte und gab in NRW Fördergelder nur noch für Projekte frei, die dem Stadtbahn-Konzept entsprachen. Auch wenn der Tunnelbau und das Stadtbahn-Konzept für eine Stadt wie Bielefeld überzogen war - die Fördermittel des Landes machten es bezahlbar.

Ab 1974 beteiligten sich die Stadtwerke Bielefeld an der Entwicklung des "Stadtbahnwagens Typ M", im Jahr 1976 wurden vier Wagen ausgeliefert (Typ M8S). 1977 wurde der Tunnelbau in der Innenstadt wieder aufgenommen. Mit dem gleichzeitigen Bau der Stadtautobahn erwarb sich Bielefeld für lange Jahre den spöttischen Beinahmen "Die freundliche Baustelle am Teutoburger Wald". Im Jahr 1982 wurde die Streckenführung der Linie 1 in der Innenstadt verändert: Vom Jahnplatz verkehrte Sie über den Niederwall und durch die Kreuzstr. bis zum Konrad Adenauer-Platz. Die Strecke durch die Alfred-Bozi-Str. wurde dafür aufgegeben.

Ab 1991: Stadtbahn Bielefeld

Am 28. April 1991 wurde der Innenstadt-Tunnel eröffnet und die Bielefelder Straßenbahn verwandelte sich "über Nacht" zur Bielefelder Stadtbahn: Alle drei Linien werden seitdem zwischen den Haltestellen Rathaus und Bahnhof parallel durch den Tunnel geführt - jeweils mit Umsteigemöglichkeiten. Die Linie 3 veränderte dabei ihre Streckenführung: Im Nordabschnitt erhielt sie einen eigenen Tunnel bis zur Haltestelle Nordpark und erreicht dort ihre Trasse in der Jöllenbecker Str. Ab der Haltestelle Rathaus verläuft sie nun durch die Nikolaus-Dürrkopp-Str., die Streckenführung über den Kesselbrink wurde aufgegeben. Im Zusammenhang mit der Eröffnung der Stadtbahn wurden an vielen Haltestellen überdachte Hochbahnsteige angelegt - dieses Umbauprogramm erstreckte sich über mehrere Jahre. Für den Stadtbahnbetrieb wurden bis zur Eröffnung zudem 44 Stadtbahnwagen vom Typ M8C beschafft.

Seit der Umstellung auf Stadtbahnbetrieb stiegen die Fahrgastzahlen deutlich an. Nach diesem Erfolg wurden weitere Streckenverlängerungen umgesetzt: Die Linie 3 wurde bis 1996 in zwei Abschnitten bis Stieghorst verlängert. Im Jahr 2000 konnte die Linie 4 zur Universität in Betrieb gehen, 2002 wurde sie noch einmal bis Lohmannshof verlängert. Für den wachsenden Verkehr wurden zwischen 1994 und 1999 weitere 36 Stadtbahnwagen (Typ M8D) und für die Uni-Linie fünf Stadtbahn-Beiwagen angeschafft.

2001: Gründung von moBiel

Am 1. April 2001 wurde der Verkehrsbetrieb der Bielefelder Stadtwerke in eine eigene Gesellschaft ausgegliedert. Seitdem firmiert das Unternehmen als "moBiel GmbH".

Im Jahr 2002 setzte moBiel 80 Stadtbahnwagen und fünf Beiwagen ein. Auf den Strecken verkehrten folgende 4 Hauptlinien:

Linie 1: Schildesche - Hauptbahnhof - Jahnplatz - Rathaus - Bethel - Brackwede - Senne
Linie 2: Altenhagen - Milse - Baumheide - Herforder Str. - Hauptbahnhof - Jahnplatz - Rathaus - Sieker
Linie 3: Babenhausen Süd - Hauptbahnhof - Jahnplatz - Rathaus - Stieghorst
Linie 4: (Zeitweise: Obernstr.) - Rathaus - Jahnplatz - Hauptbahnhof - Universität - Lohmannshof

Nach der Auslieferung der ersten VAMOS-Fahrzeuge wurden weitere Haltestellen mit Hochbahnsteigen ausgerüstet. Zum 1. August 2021 wurden die Linienäste der Linien 3 und 4 getauscht: Die neu entstandene Linie 4 verfügt durchgehend über Hochbahnsteige und kann komplett mit VAMOS-Fahrzeugen betrieben werden.

Linie 1: Schildesche - Hauptbahnhof - Jahnplatz - Rathaus - Bethel - Brackwede - Senne
Linie 2: Altenhagen - Milse - Baumheide - Herforder Str. - Hauptbahnhof - Jahnplatz - Rathaus - Sieker
Linie 3: Babenhausen Süd - Hauptbahnhof - Jahnplatz - Rathaus - Dürrkopp Tor 6
Linie 4: Stieghorst - Rathaus - Jahnplatz - Hauptbahnhof - Universität - Lohmannshof

Fast alle Strecken der Bielefelder Stadtbahn wurden stadtbahnmäßig ausgebaut: Sie verlaufen möglichst kreuzungsfrei auf eigenem Bahnkörper: Hier fährt eine M8D-Doppeltraktion (Wagen 579 und 578) in die Haltestelle Schüco ein. (25.05.2011, Foto: Harald Exner).

Am 18. Juli 2013 stimmte der Bielefelder Stadtrat in einem Grundsatzbeschluss dem weiteren Ausbau des Streckennetzes nach Heepen und Sennestadt zu. Es bleibt abzuwarten, wie zügig diese Planungen umgesetzt werden.


Zurück zur Übersicht: Straßenbahn in Ostwestfalen-Lippe

Können Sie diese Angaben ergänzen oder korrigieren? Dann freuen wir uns über eine E-Mail!

© Copyright 2010 - 2024 by schmalspur-ostwestfalen.de